Never stop: Warum das Lernen mit dem Abschluss nicht aufhört

Was Du als Ingenieur:in für Deine Weiterbildung tun kannst… und solltest

Katrin Dietz
Eine Brille auf einem Notizblock.

Herzlichen Glückwunsch! Du hältst nun – zu Recht stolz - Deine Bachelor- oder Masterurkunde in der Hand. Das ist ein echter Meilenstein, nach intensiven Jahren des Lernens bist Du an Deinem Ziel angekommen und der Grundstein für eine großartige berufliche Zukunft ist gelegt. Doch hier hört das Lernen nicht auf – im Gegenteil! Es warten viele spannende Themen auf Dich.

Immer im Lernmodus: Die Anfangsmonate im Engineering

In den ersten Monaten im Beruf wirst Du zweifellos eine Fülle neuer Informationen und Kenntnisse aufnehmen. Du lernst viele neue Menschen kennen. Dazu Fragen wie: Wie funktioniert die tägliche Arbeit in der neuen Umgebung? Wie laufen Prozesse? Wie setzt Du Dein erworbenes Wissen praktisch um? Die Erkenntnis, dass noch viel zu lernen bleibt, wird Dich begleiten – und das ist völlig in Ordnung. Der erste Job nach dem Studium ist wirklich etwas Besonderes und lässt Dich ganz automatisch weiterlernen.

Weiterbildung als Schlüssel für Ingenieur:innen

Wenn Du ein wenig in der neuen Umgebung angekommen bist, wirst Du auch die fachlichen Herausforderungen intensiver kennenlernen. Im technischen Bereich haben wir es mit Anforderungen zu tun, die sich oft ändern, sie sind komplex und dynamisch. Technologien entwickeln sich rasant weiter, schau z.B. was im Bereich der Künstlichen Intelligenz in den letzten Jahren passiert ist. Um hier Schritt zu halten und einen wertvollen Beitrag leisten zu können, ist Lebenslanges Lernen der Schlüssel für alle Ingenieur:innen. Hier gilt es, nicht nur wissbegierig zu bleiben, sondern auch aktiv die eigenen Fähigkeiten weiterzuentwickeln, um den Anforderungen der sich wandelnden Berufslandschaft gerecht zu werden.

Weiterbildung ist nicht (nur) Führungsaufgabe!

Es ist schon verlockend anzunehmen, dass Deine zukünftige Führungskraft im Engineering die Hauptverantwortung für Deine Weiterentwicklung trägt. Personalentwicklung ist ein wichtiger Teil von Führungsarbeit in der Technik. Damit ist die Mitarbeiterbildung durch Seminare und Workshops gemeint und auch die Förderung durch z.B. ein Coaching oder weiterführende Lehrgänge. Doch, ist wirklich das Unternehmen alleine für Deine Weiterentwicklung zuständig?

Warum Du Deine Weiterbildung selbst in die Hand nehmen solltest:

  • Personalentwicklung im Unternehmen ist oft an Budgets geknüpft, das kann die Verfügbarkeit begrenzen.
  • Deine persönlichen Interessen decken sich nicht immer mit den Anforderungen Deines aktuellen Unternehmens und Deiner Position.
  • Du hast ganz einzigartige Stärken. Eigenverantwortliche Weiterbildung ermöglicht es Dir, gezielt an den Bereichen zu arbeiten, die für Deine persönliche und berufliche Entwicklung am wichtigsten sind.
  • Du bist schneller. In einem sich rasch verändernden Arbeitsumfeld kann eine schnelle Reaktion auf neue Anforderungen entscheidend sein. Eigenständige Weiterbildung ermöglicht es Dir, agil auf Veränderungen zu reagieren, ohne auf organisatorische Entscheidungsprozesse warten zu müssen.

Betrachte Deine persönliche Weiterbildung als Strategiebaustein für Deine Karriere und übernimm die damit verbundene Verantwortung. Wenn Du die unternehmensseitig angebotenen und geleiteten Weiterbildungen und Deine eigene Initiative kombinierst, schaffst Du eine nachhaltige Basis für Deine berufliche Entwicklung.

Lebenslanges Lernen: Deine Möglichkeiten

Es gibt eine Fülle an Möglichkeiten, die Du und Dein Unternehmen zur Weiterbildung und Entwicklung Deiner Skills und Persönlichkeit nutzen könnt. Das kann überwältigend wirken, darum stellen wir Dir hier eine Übersicht vor. Zunächst ist es sinnvoll die einzelnen Formate und die Inhalte voneinander abzugrenzen.

Grafik zur Weiterbildung

Abbildung 1: Weiterbildung sortieren - besserer Überblick

Fachliche Weiterbildung

Die Themen hängen natürlich von Deinem Tätigkeitsfeld ab. Eine Maschinenbauingenieur:in in der Antriebstechnik kann z.B. von einer Weiterbildung zu Gleitlagern profitieren. Eine Chemieingenieur:in könnte mit einer Spezialisierung zum Thema Wasserstoff gut aufgestellt sein.

Was ist es bei Dir?

Hard Skills

  • Hierzu zählen alle Skills, die Du als Werkzeuge und Methodik für Deine tägliche Arbeit brauchst.
  • Softwarekenntnisse (CAD, FEM, Berechnungsprogramme)
  • Messtechnik (Aufbau, Anwendung, Auswertung)
  • Anwendungsvorgaben, z.B. gesetzliche Bestimmungen

Soft Skills

In diesen Bereich fallen alle Fähigkeiten, die Du brauchst, um Dein Fachwissen effektiv anwenden zu können und die Zusammenarbeit mit Kolleg:innen produktiv zu gestalten. Dazu gehören z.B.:

  • Teamarbeit
  • Effektive und professionelle Kommunikation
  • Angewandtes Stressmanagement
  • Mit Ideen überzeugen können
  • Selbstmanagement
  • Konfliktlösung
Für nahezu alle Inhalte gibt es auch alle Formate, hier die gängigsten in einer Kurzvorstellung:
  • Spezialisierungslehrgänge und Ergänzungsstudium: In mehrmonatigen Veranstaltungsreihen vertiefst Du Deine fachliche Qualifikation und spezialisierst Dich.
  • Fortbildungen, Seminare und Trainings: Hier erfährst Du zu einem konkreten Thema neue Inhalte und erlernst Methoden zur praktischen Anwendung.
  • Workshops: Diese sind besonders auf die Aktivität der Teilnehmer:innen ausgelegt und beinhalten viele praktische Übungen mit der Zielsetzung, ein spezifisches Thema zu erarbeiten.
  • Barcamps: Unkonventionelle Veranstaltungen für kreative Problemlösungen, bei denen Inhalte und Ablauf von den Teilnehmer:innen entwickelt und gestaltet werden.
  • Tagungen und Messen: Hier triffst Du Expert:innen. Tausche Dich aus und halte Dich über Branchentrends auf dem Laufenden.
  • Coaching: Persönliche Begleitung für individuelle Entwicklungsschritte.
  • Mentoring: Lerne von erfahreneren Kolleg:innen oder externen Mentor:innen und baue wertvolle Beziehungen auf.
  • Lernplattformen und Videos: Nutze Online-Ressourcen für flexible Weiterbildung.
  • Bücher und Fachzeitschriften: Vertiefe Dein Wissen durch fundierte Literatur und verfolge aktuelle Entwicklungen und innovative Ansätze.
  • Training-on-the-Job / Training-near-the-Job: Dieses Format ist sehr nah an Deiner tatsächlichen Arbeitsaufgabe und im Regelfall auch Teil Deiner Arbeitszeit.

Uff. Ganz schön viel, oder? Du hast die Qual der Wahl, das kann auch bremsen und Dich davon abhalten, überhaupt etwas zu tun.

Wie findest Du die richtige Weiterbildung?

Diese Fragen helfen Dir, den Weg durch diesen Dschungel zu finden:

  • Welcher Bereich interessiert Dich aktuell besonders?
  • Was hilft Dir, Deine Ziele zu erreichen?
  • Wieviel Zeit kannst und möchtest Du aufwenden? Geht das in der Arbeitszeit?
  • Welche Art der Weiterbildung kannst Du gut umsetzen und passt auch ins Budget?
  • Ist das neu erworbene Wissen direkt für Deine aktuelle Arbeit nutzbar?

Dann stehen die Chancen sehr gut, dass Dein Arbeitgeber die Kosten übernimmt und Dir auch die notwendige Zeit zur Verfügung stellt. Bitte traue Dich, hier nachzufragen, auch wenn Du noch nicht lange im Unternehmen bist! So zeigst Du auch, dass Du mitdenkst und Dich engagierst – eine gerngesehene Eigenschaft junger Ingenieur:innen.

Viele Wege führen zum Ziel und kaum eine Weiterbildung erweist sich als „falsch“. Manche sind jedoch nützlicher als andere.

Kurz gesagt:
  • Das Lernen hört nach dem Abschluss Deines Studiums nicht auf.
  • Wenn Du Deine persönliche Weiterentwicklung selbst in die Hand nimmst, hast Du einen größeren Gestaltungsspielraum und kannst strategische Meilensteine setzen.
  • Viele Wege führen zum Ziel. Beziehe Deinen Arbeitgeber in die Gestaltung mit ein, doch verlasse Dich nicht nur darauf.