Studium finanzieren: So kommst Du an Dein Ingenieur-Stipendium
Schon nach dem Abi fragen sich viele Ingenieur-Talente, wie sie die Zeit an der Uni finanzieren sollen. Aber auch, wenn Du gerade mitten im anspruchsvollen Elektrotechnik-, Maschinenbau- oder Fahrzeugtechnik-Studium steckst und bei der Miete eigentlich voll auf Deinen Studi-Job gesetzt hast, fällt der vielleicht irgendwann der Klausurenphase zum Opfer – und Du musst Dein Studien-Engagement zurückfahren, um für Deinen Lebensunterhalt sorgen zu können. Eine gute Alternative, mit der Du Dir zumindest ein kleines Taschengeld sichern oder vielleicht sogar das ganze Studium finanzieren kannst, sind Stipendien.
Nur etwas für Hochbegabte? Wir geben Dir einen Überblick, was die Voraussetzungen sind und welche Stipendien für Ingenieur-Talente besonders interessant sind.
Was ist überhaupt ein Stipendium?
Das lateinische Wort “stipendium” beschreibt ganz allgemein die Zahlung eines Betrages. Im Zusammenhang mit Deinem Studium handelt es sich also um eine meist finanzielle Unterstützung, die Du bekommst, um Dir die wissenschaftliche Ausbildung zum Ingenieur zu erleichtern. Wenn Du Stipendiat wirst, bekommst Du entweder einmalig oder monatlich Geld vom Stipendiengeber, um davon z.B. Deine Studiengebühren oder Bücher zu bezahlen. Bei manchen Stipendien hast Du das Geld aber auch zur freien Verfügung und kannst davon etwa Deine Miete bezahlen. Für Dich hat das Stipendium den Vorteil, dass Du Dich während der Klausurenphasen voll und ganz auf Dein Studium konzentrieren kannst und Dich kein Studentenjob vom Lernen abhält.
Die Unterstützung muss aber nicht immer finanziell erfolgen. Manche Stipendien unterstützen Dich ideell, d.h. mit Lehrbüchern und Arbeitsmaterialien oder sie bieten Dir einen direkten Kontakt zu Arbeitgebern. So hast Du schon während des Studiums die Möglichkeit, erste Branchenkontakte zu knüpfen, in Deinem Netzwerk zu verankern, ein Unternehmen für die Praxisphase oder Deine Abschlussarbeit zu finden und nach Deinem Abschluss mit vergleichsweise wenig Aufwand durchzustarten.
Wer vergibt Stipendien für Ingenieure – und wer bekommt sie?
Im ersten Moment denken viele daran, dass nur Hochschulen Stipendien vergeben, um etwa hochbegabten Schülern aus einkommensschwachen Familien ein Studium zu ermöglichen. Aber es gibt noch viele andere Stiftungen, Landes- oder Bundesinitiativen und auch privatwirtschaftliche Unternehmen, die Förderprogramme ins Leben gerufen haben. Die Chancen, dass Du für ein Stipendium infrage kommst, stehen also wahrscheinlich deutlich besser, als Du denkst.
Auch dann, wenn Du kein klassischer 1er-Kandidat bist, hast Du ganz gute Karten, an ein Stipendium zu kommen. Es gibt nämlich Organisationen, die nicht nur auf die fachliche Qualifikation achten, sondern z.B. gezielt soziales Engagement, Kinder mit Migrationshintergrund oder Waisen finanziell unterstützen. Eine Bewerbung auf ein Stipendium lohnt sich also immer, wenn Du etwas Besonderes vorzuweisen hast – von bestimmten Lebensumständen über gute Noten bis hin zu eigenen Forschungsprojekten.
Gut zu wissen: Wenn Du auf der Suche nach einem Stipendium bist, solltest Du auch die international geläufigen Begriffe “Scholarship” oder “Fellowship” bei der Recherche verwenden. Gerade international tätige Unternehmen oder EU-geförderte Programme nutzen nämlich auch im deutschsprachigen Raum oft diese Bezeichnungen für ihre Förderprogramme.
Wo finde ich das passende Ingenieur-Stipendium für mich?
Um Dir einen groben Überblick zu verschaffen, welche Stipendien für Dich infrage kommen, kannst Du Dich im ersten Schritt auf den Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) informieren. Aktuell sind dort insgesamt über 1.000 Stipendien gelistet, wenn Du nach speziellen Ingenieur-Förderprogrammen filterst, sind es immer noch etwa 100. Die Stipendien, die Du dort findest, bilden die 3 Säulen für die Förderung von begabten und leistungsfähigen Studenten:
1. das Deutschlandstipendium, das wir Dir weiter unten näher vorstellen,
2. die Förderung durch Begabtenförderungswerke und,
3. Aufstiegsstipendien für Studenten mit Berufserfahrung.
Viele kleinere Stipendiengeber sind dort allerdings nicht zu finden. Gibt es beim BMBF kein passendes Stipendium für Dich, kannst Du im zweiten Schritt gezielt danach suchen, ob Unternehmen aus Deiner Region oder Deinem Fachbereich Scholarships anbieten. Diese werden häufig nicht offensiv beworben und nur vereinzelt an passende Kandidaten vergeben, wenn sie aktiv auf das Unternehmen zugehen.
Welche Stipendien eignen sich für Ingenieur-Studenten?
Die große Anzahl der Förderprogramme hat auf der einen Seite natürlich den Vorteil, dass viele Ingenieur-Talente die Chance auf ein Stipendium bekommen – auf der anderen Seite gibt es aber auch Programme, die eher auf andere Fachbereiche ausgerichtet sind. Damit Du den Überblick behältst, haben wir 3 Stipendien für Dich rausgesucht, die für Ingenieure infrage kommen:
1. eins speziell für Ingenieure mit Master-Ziel,
2. das Deutschlandstipendium, das nicht auf ein bestimmtes Studienfach zugeschnitten ist und
3. eins für Frauen im Ingenieurwesen.
Stipendium der Erich-Müller-Stiftung: Auslandsstudium während der Master-Thesis finanzieren
Erich Müller war ein angesehener Ingenieur, der in den 1930er Jahren Karriere bei der Essener Rüstungsschmiede Krupp machte und dort mobile Geschütze entwickelte. 1964 wurde in seinem Namen die Stiftung gegründet, die heute vor allem Ingenieure während ihrer Master-Thesis im Ausland unterstützt.
Die Voraussetzungen
Die Stipendien werden nur an MINT-Studenten vergeben, die einen ingenieurwissenschaftlichen Bezug haben. Besonders gute Chancen auf die Förderung hast Du, wenn Du Maschinenbau oder Elektrotechnik an einer Uni oder Technischen Universität studierst. Fachhochschul-Absolventen sind hier leider außen vor. Aber auch, wenn Du z.B. Fahrzeugtechnik studierst und Dich in Deiner Master-Arbeit mit KFZ-Elektronik beschäftigen möchtest, kannst Du Dich bewerben. Die Frist für die Bewerbung endet jährlich Ende März.
Neben dem fachlichen Schwerpunkt müssen Deine Vornoten mindestens im durchschnittlichen Bereich liegen: Deinen Bachelor-Studiengang musst Du mit der Note 2,5 oder besser abgeschlossen haben.
Das hast Du vom Stipendium
Wenn Du zu den Stipendiaten gehörst, bekommst Du etwas mehr Geld, als z.B. beim Deutschlandstipendium: 500 € pro Monat sind für Dich für den Zeitraum Deiner Master-Thesis drin. Vorgesehen sind dafür 6 Monate. Wenn Du nachweislich länger brauchst, kannst Du aber unter Umständen länger von der Förderung profitieren.
Das Deutschlandstipendium: Unterstützung von Staat und Unternehmen
Um Deutschland im internationalen Vergleich mit anderen Industrienationen weiter in einer Führungsposition zu halten, unterstützen der Bund und private Förderer wie Unternehmen besonders talentierte Studierende. Generell ist das Deutschlandstipendium dabei für fast alle Studiengänge offen – als Ingenieur-Student hast Du aber besonders gute Karten, weil Du industrienah studierst und deshalb eher im Fokus der privaten Förderer stehst, als etwa Kunst- oder Musik-Studenten. Das wird auch bei der allgemeinen Fächerverteilung beim Deutschlandstipendium deutlich:
Quelle: BMBF 2020 / Statistisches Bundesamt; 2020
Die formalen Voraussetzungen für Stipendiaten
Die Verbindung aus staatlichen und privaten Fördermitteln ist etwas Besonderes, denn Unternehmen, Vereine, Stiftungen oder Privatpersonen übernehmen mit Deiner Förderung Verantwortung für die Zukunft Deutschlands. Die Zweiteilung macht es aber vergleichsweise schwierig, das Stipendium zu bekommen:
- Du bewirbst Dich bei Deiner Hochschule um das Deutschlandstipendium. Dafür füllst Du ein Formular aus und suchst Dir einen Dozenten, der Dich empfiehlt.
- Deine Hochschule kontaktiert Unternehmen in der Region und bittet um entsprechende Fördermittel.
- Sobald 150 € private Fördermittel pro Monat und Student zusammengekommen sind, unterstützt der Bund mit weiteren 150 €.
Das musst Du für das Deutschlandstipendium mitbringen
Da die Hochschule einen Teil der Fördermittel durch Fundraising bei den Unternehmen in der Region einwerben muss, hast Du als Ingenieur-Student besonders gute Erfolgs-Chancen, wenn Du etwa in NRW oder Bayern studierst. Dort ist die Unternehmensdichte im Ingenieurwesen deutlich höher, als etwa in strukturschwachen Regionen wie dem Saarland oder Mecklenburg-Vorpommern.
Grundvoraussetzung für eine Förderung ist – etwas schwammig –, dass Dein bisheriger Werdegang "herausragende Studienleistungen" erwarten lässt. Es ist für Dich also vorteilhaft, wenn Du mit einem 1er Schnitt ins Studium startest und diesen in der Zeit bis zu Deiner Stipendien-Bewerbung beibehältst. Du kannst Dich aber auch als Student mit durchschnittlichen Leistungen über Deine ehrenamtliche Arbeit oder etwa das Überwinden familiärer Hürden, wie das Aufwachsen als Waise, qualifizieren.
Diese Fördermittel gibt es für Dich
In Deutschland erhält rund 1 % der Studierenden ein Deutschlandstipendium, von denen dann wiederum 37 % aus einem Ingenieur-Studiengang kommen. Wenn Du zu den glücklichen Stipendiaten gehörst, erhältst Du für mindestens 2 Semester je 300 € pro Monat an Fördermitteln. Nach Ablauf dieses Jahres kannst Du Dich aber erneut auf das Stipendium bewerben. Neben der finanziellen Hilfe hast Du einen direkten Draht zu den unterstützenden Unternehmen in Deiner Region und kannst dort bereits erste Kontakte knüpfen oder wirst sogar gezielt zu Karriere-Events eingeladen.
Henry Ford Stipendium: Für Studentinnen im Fachbereich Maschinenbau
Weibliche Maschinenbauingenieure sind immer noch die Ausnahme: Nur gut 20 % der Studierenden in diesem Fachbereich sind Frauen. Um den Anteil der Ingenieurinnen zu erhöhen, hat die RWTH Aachen zusammen mit der Ford Werke GmbH die Henry-Ford-Stipendien ins Leben gerufen.
Die Voraussetzungen
Du kannst Dich auf das Stipendium bewerben, wenn Du an der RWTH im Fachbereich 4 studierst – also entweder Maschinenbau, CES oder Wirtschaftsingenieurwesen mit der Vertiefung Maschinenbau. Und weil die Stipendien gezielt den Anteil von Maschinenbauingenieurinnen fördern wollen, musst Du natürlich weiblich sein.
Das musst Du für das Stipendium mitbringen
Beim Henry-Ford-Stipendium handelt es sich um ein klassisches Leistungsstipendium: Du kommst als Stipendiatin infrage, wenn Du die Schule überdurchschnittlich gut abgeschlossen hast und im Studium Top-Leistungen erbringst. Außerdem solltest Du Dich in Deiner Freizeit sozial oder technologisch engagieren.
Das hast Du vom Stipendium
Auf der einen Seite bekommst Du als Stipendiatin für mindestens ein Jahr 300 € pro Monat. Danach kannst Du Dich aber erneut auf das Stipendium bewerben. Da neben der RWTH auch Ford als Förderer mit im Boot ist, kannst Du außerdem direkte Kontakte zu einem angesehenen Arbeitgeber für die Zukunft knüpfen. Durch regelmäßige Events lernst Du darüber hinaus auch noch (ehemalige) Stipendiatinnen kennen, die schon kurz vor dem Ende ihres Studiums stehen oder sogar schon im ersten Maschinenbau-Job durchgestartet sind. Von ihnen kannst Du Dir z.B. Bewerbungstipps abholen oder im Smalltalk erfahren, welche Learnings sie bis jetzt im Beruf gesammelt haben.
Gut zu wissen: Stipendien gibt es nicht nur für Studenten. Auch wenn Du Dich nach dem Studium selbstständig machen möchtest, kannst Du Fördermittel beantragen, um die Zeit zwischen Geschäftsidee, Forschung, Entwicklung, Produktion und dem “richtigen” Start Deines Startups zu überbrücken. Besonders verbreitet ist unter Tech-Gründern das EXIST-Gründerstipendium des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, das Dir über 6 Monate mit finanziellen Mitteln unter die Arme greift.
- Du musst nicht zwingend ein Top-Student sein, um für ein Stipendium infrage zu kommen. Manche Förderprogramme berücksichtigen neben den Noten nämlich auch den familiären Hintergrund oder Dein soziales Engagement.
- Stipendien helfen Dir dabei, dass Du Dich voll und ganz auf Dein Studium konzentrieren kannst und nicht durch Studentenjobs vom Lernen, Forschen oder Konstruieren abgehalten wirst.
- Wenn Stipendien von Unternehmen unterstützt werden, hast Du neben der finanziellen Unterstützung auch direkt die Möglichkeit, erste Kontakte für Deinen Job-Start zu knüpfen.