Vom Maschinenbau-Studenten zum Entwicklungsberater

Interview mit Jan-Florian Kuhnke, Berater für agile Produktentwicklung in Maschinenbau und Elektrotechnik

Tim Lamkemeyer
Whiteboard mit Zetteln dran.

In seinem Podcast ROCKETENGINEERS spricht Lennard Hermann alle 2 Wochen mit erfahrenen Ingenieuren, Führungskräften oder Beratern über die wichtigsten Learnings auf ihrem Berufsweg. Lennard hat an der RWTH Aachen mit einem Zwischenstopp in Kanada Maschinenbau studiert und arbeitet aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Fertigungstechnik.

Jan-Florian Kuhnke

Jan-Florian Kuhnke

Diese Woche spricht Lennard mit Jan-Florian Kuhnke darüber, wie Du revolutionäre Projekte im Ingenieurwesen zielgerichtet angehst, welche Strategien Dir bei der Umsetzung helfen und welche Rolle quantitativ messbare Ergebnisse dabei spielen. Jan-Florian hat an der Leibniz Universität Hannover Maschinenbau studiert und ist Inhaber von SmarterEntwickeln. Hier verfolgt er die Mission, agile Methoden in die Produktentwicklung und ins Engineering von Investitionsgütern bei den Unternehmen einzuführen und ihnen dabei als Berater zur Seite zu stehen.

Experten-Tipp: Guter Draht zum Chef ist wichtiger als perfekte Arbeitsergebnisse

ROCKETENGINEERS: "Beim Projektmanagement argumentiert man oft mit Zahlen: Es gibt 5 mal mehr Wachstum, etwas geht 85 % schneller. Ich frage mich manchmal, ob es sinnvoll ist, die Ergebnisse seiner Arbeit quantitativ auszudrücken und – wenn man es tut – wann ist es sinnvoll, diese quantitativen Zahlen auch seinen Vorgesetzten mitzuteilen?"

Jan-Florian Kuhnke: "Ich habe das selber nicht viel gemacht, weil ich nicht derjenige bin, der so pflichtversessen irgendwelche Zahlen trackt und Berichte pflegt. Das war nie meine Stärke. Hätte ich es aber mehr gemacht, wäre ich noch schneller vorangekommen.

Ganz konkret auf die Karriere bezogen: Entscheidungen, wenn es um eine Gehaltserhöhung oder Beförderung geht – und das ist für Ingenieure total schockierend – werden nicht nach Faktenlage getroffen, sondern im Bauch gefällt. Das spannende ist: Wenn Du eine Gehaltserhöhung haben willst, musst Du Deinen Chef davon überzeugen, dass er Dir mehr Geld geben will. Das ist eine Entscheidung, die fällt er im Bauch.

Er muss aber dann losgehen und die Personalabteilung und seinen eigenen Chef davon überzeugen und dafür braucht er Zahlen, Daten und Fakten. Das heißt, wenn Du eine Gehaltserhöhung haben willst, musst Du Deinen Chef emotional davon überzeugen, dass es das Richtige ist. Das heißt: Zoff Dich nicht mit ihm, sorg dafür, dass die Kunden ihn anrufen und ihm sagen, was Du für gute Arbeit gemacht hast. Und dann gib ihm ein ganzes Dossier mit Zahlen, Daten und Fakten, sodass er keine Arbeit mehr reinstecken muss, sondern losziehen kann mit einer Begründung und sagen kann: ‘So, das machen wir jetzt.‘

Ich war ja selber Vorgesetzter und ich habe Leute gehabt, die haben vor mir gesessen und einen riesen Wust an Zahlen gehabt und von der finanziellen Seite her gute Argumente gehabt, aber die haben mich vorher nicht auf ihre Seite geholt. Die haben sich mit mir gestritten, die haben nicht meine Prioritäten übernommen, haben sich irgendwie gedacht, dass wir nicht zusammenarbeiten müssen und die sind dauernd mit ihren Wünschen nach einer Gehaltserhöhung gescheitert, weil sie nur auf die Zahlen geachtet haben."

So setzt Du es um

In Deinem Alltag triffst Du als Ingenieur die meisten Entscheidungen faktenbasiert: Welcher Werkstoff für ein neues Gebäude verwendet wird, welche Prozesse in der Produktion verschlankt werden können oder wie ein Handy-Akku noch effizienter arbeiten kann, lässt sich selten aus dem Bauch heraus beantworten. Bei Deinem Vorgesetzten wird dagegen immer auch die zwischenmenschliche Komponente zählen – auch, wenn er oder sie der Meinung ist, völlig objektiv zu entscheiden. Wenn Du "nur" gute Arbeitsergebnisse erzielst, wirst Du Deine Karriereziele nicht zwangsläufig erreichen. Wichtig ist auch, dass Du menschlich mit Deinem Vorgesetzten klar kommst, weil er oder sie die Entscheidung über eine Gehaltserhöhung oder Beförderung in erster Linie emotional trifft. Wenn er oder sie die Entscheidung getroffen hat, muss Dein Vorgesetzter sie zwar auch noch für seinem Chef mit Zahlen und Fakten belegen, das fällt ihm jedoch deutlich leichter, wenn es zwischenmenschlich zwischen Euch passt.

Im Job wird es immer wieder Situationen geben, in denen Du eine andere Meinung vertrittst als Dein Vorgesetzter oder in denen Du die Prioritäten anders gesetzt hättest. In einer offenen Diskussionsrunde kannst Du Deine Bedenken gegenüber neuen Produktionsverfahren oder anderen Arbeitsabläufen gern sachlich äußern – das wird von Dir erwartet und positiv aufgenommen. Wenn die Entscheidung dann aber gegen Deine Vorgehensweise fällt, solltest Du cool bleiben. Die eigene Arbeit zu boykottieren, um zu zeigen, dass Dein Vorschlag sinnvoller gewesen wäre, ist unprofessionell. Eine offene und positive Grundhaltung ist Einstellungssache. Manchmal hilft es auch, die Perspektive zu wechseln … Stattdessen ist es für Deine Karriere meist sinnvoller, den Vorgaben Deines Vorgesetzten grundsätzlich positiv gegenüberzustehen. In vielen Fällen kannst Du nämlich davon ausgehen, dass er den Überblick über Deinen gesamten Fachbereich hat und Du aus Deiner Sichtweise vielleicht wichtige ergänzende Prozesse übersiehst.

Eine Ausnahme von dieser Regel bilden allerdings eher traditionell eingestellte Unternehmen mit patriarchalischer Führung. Wenn Du in so einem Umfeld als Ingenieur arbeitest, kommt es beim Chef meist gut an, wenn Du Deine Meinung eher offensiv vertrittst. Mit einem zurückhaltenden Charakter wird Dich der Chef in solchen Unternehmen häufig als Mitläufer einschätzen und Deine Chancen auf eine Beförderung sind eher gering. Patriarchalische Vorgesetzte haben nämlich häufig die Befürchtung, dass sich zurückhaltende Führungskräfte nicht gegen ihre Mitarbeiter durchsetzen können.

Wer Dich mag, der hilft Dir auch auf Deinem weiteren Weg. Eine kritische Grundhaltung gegenüber Bestehendem ist bei den meisten Ingenieuren sowieso gegeben, für Deine Karriere ist es aber am sinnvollsten, wenn Du Deine Bedenken konstruktiv äußerst. So zeigst Du Deinem Vorgesetzten, dass Dir Euer gemeinsames Ziel und das optimale Arbeitsergebnis am Herzen liegen. Die Aussicht auf bessere Karrierechancen sollte aber natürlich auch nicht der einzige Grund sein, wieso Du zu einem guten Miteinander beitragen solltest: In einem angenehmen Arbeitsklima macht die Arbeit Dir, Deinen Kollegen und Vorgesetzten natürlich auch viel mehr Spaß.

Das ganze Interview im Podcast hören

Ein gutes Verhältnis zum Chef ist eine wichtige Basis für Deinen Karriereweg. Natürlich geht es aber auch nicht ohne die entsprechende Arbeitsleistung. Wie Du durch revolutionäre Projekte Meilensteine setzt und wie der Alltag als Berater in der Produktentwicklung aussieht, erfährst Du in Folge #23 im ROCKETENGINEERS-Podcast.

DARUM GEHT'S IN FOLGE #23:

  • 02:10 – Werdegang von Jan-Florian Kuhnke
  • 07:00 – Wie arbeitet er als selbstständiger Ingenieur?
  • 09:50 – Was bedeutet eine erfolgreiche Karriere für ihn?
  • 12:10 – Wie können revolutionäre Projekte bei der eigenen Karriere helfen?
  • 20:45 – Wie findet man revolutionäre Projekte?
  • 28:15 – Wie wichtig ist es, die Ergebnisse der geleisteten Arbeit zu tracken und dem Vorgesetzten mitzuteilen?
  • 32:00 – Wie können Netzwerke im Unternehmen die Karriere beschleunigen?

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