Nach der Krise im Ingenieurwesen durchstarten

Interview mit Dr. Lars Fink, Experte für den Ingenieur-Arbeitsmarkt

Tim Lamkemeyer
Rotes "For Hire" Schild aus Metall.

In seinem Podcast ROCKETENGINEERS spricht Lennard Hermann alle 2 Wochen mit erfahrenen Ingenieuren, Führungskräften oder Beratern über die wichtigsten Learnings auf ihrem Berufsweg. Lennard hat an der RWTH Aachen mit einem Zwischenstopp in Kanada Maschinenbau studiert und arbeitet aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Fertigungstechnik.

Dr. Lars Fink

Dr. Lars Fink

Diese Woche erfahrt Ihr von Dr. Lars Fink, worauf Personalverantwortliche bei Ingenieur-Bewerbungen in der aktuellen Corona-Krise achten, welche Fähigkeiten im Moment besonders gefragt sind und welche klassischen Bewerbungsfehler Ihr unbedingt vermeiden solltet. Lars hat in Tübingen, Edinburgh und Köln VWL studiert und arbeitet seit über 10 Jahren im Bereich Human Resources und Personalberatung. 2013 gründete er zusammen mit Rainer Weckbach die erste fachspezifische Karriereplattform für Berufseinsteiger: get in IT. 2017 setzten die beiden ihr Erfolgsmodell mit der zweiten Plattform get in Engineering fort.

Experten-Tipp: Mach Praktika – nicht nur für Deinen Lebenslauf, sondern um Deine berufliche Leidenschaft zu finden

ROCKETENGINEERS: "Ihr habt viel mit dem Berufseinstieg von Ingenieuren zu tun, habt viele Infos zum Thema Bewerbung, Lebenslauf und zu solchen Sachen. Was sind denn so klassische Fehler, die Ingenieure in Bewerbungsprozessen oder auch in ihren Bewerbungsunterlagen immer wieder machen? Gibt es da ein Muster, etwas, das immer wieder falsch gemacht wird?"

Dr. Lars Fink: "Wir haben ja echt extrem viel Austausch und kriegen auch von den Unternehmen, die über uns suchen, immer viel Feedback. Wobei ich sagen muss: Grundsätzlich sind Ingenieure schon ziemlich gut informiert und machen sich wirklich gut Gedanken über ihren ersten und zweiten Schritt im Berufsleben.

Was wir allerdings gar nicht so selten sehen, ist, dass sich Absolventinnen und Absolventen gerade am Anfang doch sehr breit aufstellen und keine konkreten Vorstellungen haben, was der richtige Arbeitgeber oder die richtige Tätigkeit ist. Sie tun sich schwer, aus ihrer Persönlichkeit und aus ihren Vorerfahrungen aus dem Studium und aus Praktika klar abzuleiten, wohin es denn genau gehen soll.

Das ist glaube ich erstmal für den Absolventen selbst ein Thema, weil man ja nicht nur einen Job haben will, um Geld zu verdienen, sondern eigentlich etwas machen möchte, womit man glücklich wird und was zum eigenen Charakter passt, wo man sich aber fachlich auch gut einbringen kann. Ich glaube, dafür ist es auf der einen Seite wichtig, sich genaue Gedanken um den Job zu machen – aber es ist auch wichtig, wenn ich ins direkte Gespräch mit dem Arbeitgeber komme, dass ich ihm vermittle, was ich denn einbringen kann und warum ich gerne zu diesem Arbeitgeber gehen möchte. Am Ende geht es schon darum, ein Stück weit eine Geschichte zu entwickeln, die das Fundament eben in dem hat, was man bisher schon an Erfahrungen hat, was man an Wünschen und Vorstellungen hat und das dann in einer recht klaren Linie rüberzubringen.

Bei allem Fachkräftemangel ist es schon so, dass die Unternehmen sich sehr bemühen, aber sie wollen dann umgekehrt im Bewerbungsgespräch auch spüren, dass das Gegenüber sich auch mit sich selber auseinandergesetzt hat und genau weiß, in welche Richtung es gehen möchte und das eben auch klar machen kann."

So setzt Du es um

Gute Noten und erste Berufserfahrung gehören in vielen Stellenausschreibungen zu den Hauptanforderungen, die Unternehmen an ihre Bewerber stellen. Für viele Ingenieur-Jobs ist es also bereits eine Voraussetzung, dass Du während des Studiums Praktika gemacht oder als studentische Aushilfe gearbeitet hast. Du solltest solche Tätigkeiten aber nicht nur ausführen, um im Lebenslauf ein paar Referenzen von Arbeitgebern zu sammeln, sondern vor allem auch, um für Dich herauszufinden, welcher Fachbereich oder welches Berufsfeld am besten zu Dir passt.

Du arbeitest wahrscheinlich mehrere Jahrzehnte in dem Einsatzfeld, für das Du Dich während und nach dem Studium entscheidest. Auch wenn Du mit den Jahren vielleicht eine Führungsposition einnimmst und nur noch wenig im Labor stehst oder Konstruktionspläne nicht mehr selbst erstellst, ist es bei dieser langen Zeitspanne wichtig, dass Dir Dein Job wirklich Spaß macht. Denn auch später als Führungskraft wird es Dir leichter fallen, andere mit Deiner Leidenschaft mitzuziehen und Deinen Mitarbeitern bei fachlichen Fragen und Problemen immer zur Seite zu stehen.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass Du bereits während des Studiums so viel ausprobierst, wie es nur geht. Den Rahmen, in dem Du Dich dabei bewegen kannst, hast Du durch die Wahl Deines Fachbereichs und Deiner Vertiefung schon festgelegt, aber Du kannst durch Praktika etwa herausfinden, ob...

  • ...Du Dich in einem kleinen, mittelständischen oder großen Unternehmen und den entsprechenden Strukturen am wohlsten fühlst.
  • ...z.B. die Konstruktion wirklich das passende Berufsfeld für Dich ist, oder Du doch mal in die Produktion oder das Qualitätsmanagement reinschnuppern willst.
  • ...z.B. der Hochbau wirklich so eine spannende Vertiefung für Dich als Bauingenieur ist, oder ob Du nicht vielleicht den Brückenbau oder die technische Gebäudeausrüstung in der Praxis noch interessanter findest.

Je mehr Du Deine beruflichen Vorstellungen und Wünsche auf diese Weise an der Realität testen und eingrenzen kannst, desto leichter fällt es Dir nach dem Studium, den passenden Job zu finden. Als Bonus kannst Du anschließend in Deinem Bewerbungsschreiben und dem folgenden Gespräch auf Deinen bisherigen beruflichen Weg eingehen und genau begründen, wieso die ausgeschrieben Stelle und das Unternehmen, bei dem Du Dich bewirbst, perfekt zu Dir passen. Die Personalverantwortlichen können dadurch nachvollziehen, dass Du schon ein tieferes Verständnis für die Position und die damit verbundenen Aufgaben hast und Dir vorstellen kannst, langfristig im Unternehmen zu arbeiten. Das Risiko, dass Du Dich zeitnah neu orientieren wirst, ist für den Arbeitgeber also viel geringer als bei unerfahrenen Berufsstartern. Und Deine Chance, dass Du schon mit dem ersten Job nach dem Studium die richtigen Weichen für Deine Ingenieurkarriere stellst, ist deutlich größer!

Das ganze Interview im Podcast anhören

Eine überzeugende Bewerbung ist für den Einstieg ins Berufsleben Voraussetzung – gerade in der aktuellen Situation ist es aber umso wichtiger, dass Ihr wisst, worauf es den Unternehmen im Moment besonders ankommt. Wie Ihr in Eurer Bewerbung jetzt den Fokus setzen solltet und welche Skills bei Ingenieuren auf dem Arbeitsmarkt nach Corona besonders gefragt sind, erfahrt Ihr in Folge #36 im ROCKETENGINEERS Podcast.

DARUM GEHT'S IN FOLGE #36:

  • 01:05 – Was ist get in Engineering?
  • 02:50 – Was ist das Besondere am Arbeitsmarkt im Ingenieurwesen?
  • 04:30 – Was sind klassische Fehler, die im Bewerbungsprozess gemacht werden?
  • 09:45 – Was sind die Besonderheiten für Ingenieure in der aktuellen Corona-Krise?
  • 20:15 – Wie können Ingenieure ihre Bewerbung auf die Corona-Krise anpassen?
  • 22:45 – Was sind aktuell die gefragtesten Fähigkeiten bei Ingenieuren?
  • 27:30 – Auf was sollte man als Ingenieur bei seiner Präsenz in sozialen und beruflichen Netzwerken achten, um auf Arbeitgeber möglichst attraktiv zu wirken?
  • 30:50 – Was kann man ab morgen anders machen, um der Karriere neuen Wind zu verleihen?

Gesamtlänge dieser Folge: 31:00 Min

Das könnte Dich auch interessieren...